Vergütungsvereinbarung
Für einige Kanzleien und Mandanten ist das Thema einer Gebührenvereinbarung von großer Bedeutung. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeiten zum Abschluss eines Vertrages über die Vergütung zwischen Anwalt und Mandant in der Vergangenheit deutlich erweitert.
Folgende Varianten einer Vergütungsvereinbarungen kommen häufiger vor:
- die Vereinbarung eines anderen gesetzlich geregelten Gebührenrechts, z. B. für die Erstberatung den Gebührenbereich der außergerichtlichen Beratung;
- die Modifizierung des gesetzlich geregelten Gebührenrechts, z. B. durch die Vereinbarung eines Vielfachen der gesetzlichen Gebühren oder des mehrfachen Anfalls einer Gebühr;
- die Vereinbarung des Gegenstandswertes, nach dem abgerechnet werden soll;
- eine Zeit- und / oder Pauschalhonorarvereinbarung.
Die formellen Regeln zu einer Gebührenvereinbarung finden Sie in den §§ 3a ff. Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Die Regeln zum zulässigen Inhalt einer Gebührenvereinbarung finden Sie ebenfalls im RVG und in § 49b Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO).
Eine höhere als die gesetzlich geregelte Vergütung kann vereinbart werden. Die Vergütungsvereinbarung darf aber nicht sittenwidrig oder unangemessen sein.
In gerichtlichen Verfahren darf die gesetzlich vorgesehene Vergütung nicht unterschritten werden.
Die Vereinbarung einer niedrigeren als der gesetzlichen Vergütung ist gemäß § 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO in Verbindung mit § 4 Abs. 1 RVG nur für außergerichtliche Angelegenheiten und (unter Beachtung weiterer Voraussetzungen) für das gerichtliche Mahnverfahren sowie einen Teil der Zwangsvollstreckung zulässig.
Die Rechtsprechung hat die gesetzlichen Öffnungsregeln teils sehr großzügig ausgelegt. Es wurde eine Überschreitung bis zum 5 oder 6-fachen der gesetzlichen Höchstgebühr noch als angemessen angesehen. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 10.11.2016 (IX ZR 119/14) zur Sittenwidrigkeit einer Honorarvereinbarung, diese Bewertung – mit neuen Begrenzungen – aufrecht gehalten.
Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Frage, ob ein sittenwidriges Missverhältnis zwischen Leistung und Entgelt vorliegt, stets der nach dem Anwaltsvertrag geschuldete tatsächliche Aufwand, insbesondere Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zu berücksichtigen. Nach dem RVG soll durch eine „Mischkalkulaton“ des Rechtsanwalts, eine Quersubventionierung der weniger lukrativen durch gewinnträchtige Mandate sichergestellt werden.
Daher kann gerade bei Sachen mit niedrigem oder mittlerem Streitwert auch ein Honorar, das die gesetzlichen Gebühren um ein Mehrfaches übersteigt, angemessen sein. Umgekehrt kann bei hohen Streitwerten unter Umständen schon aus der Überschreitung der gesetzlichen Gebühren auf ein auffälliges oder besonders grobes Missverhältnis geschlossen werden, wenn die Tätigkeit bereits durch die gesetzlichen Gebühren angemessen abgegolten wäre. Es kommt auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an.
Da einige Anwälte diese Möglichkeiten in sehr unerfreulicher Art und Weise ausgenutzt haben, wrrd die Rechtsprechung strenger. So hat der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 13.02.2020 (IX ZR 140/19) sich zu folgenden Rechtsfragen einer Gebührenvereinbarung erklärt.
Eine formularmäßige Vergütungsvereinbarung, welche eine Mindestvergütung des Rechtsanwalts in Höhe des Dreifachen der gesetzlichen Vergütung vorsieht, ist jedenfalls im Rechtsverkehr mit Verbrauchern, wegen unangemessener Benachteiligung des Mandanten unwirksam, wenn das Mandat die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Mandanten betrifft und die Vergütungsvereinbarung zusätzlich eine Erhöhung des Gegenstandswertes um die Abfindung vorsieht.
Die formularmäßige Vereinbarung eines Zeithonorars, welche den Rechtsanwalt berechtigt, für jede angefangene 15 Minuten jeweils ein Viertel des Stundensatzes zu berechnen, benachteiligt den Mandanten – jedenfalls im Rechtsverkehr mit Verbrauchern – entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist damit unwirksam.
Sieht eine Vergütungsvereinbarung ein Zeithonorar für Sekretariatstätigkeiten vor und eröffnet sie dem Rechtsanwalt die an keine Voraussetzungen gebundene Möglichkeit, statt des tatsächlichen Aufwandes pauschal 15 Minuten pro Stunde abgerechneter Anwaltstätigkeit abzurechnen, gilt insoweit die gesetzliche Vergütung als vereinbart.
In diesem Fall hat der Bundesgerichtshof sogar eine Hinweispflicht des Rechtsanwalts, vor Abschluss des Beratungsvertrages, auf die Höhe der nach der vorgeschlagenen Vergütungsvereinbarung voraussichtlich entstehenden Gebührenansprüche angenommen (hat dies aber nicht entschieden). Aus den besonderen Umständen des Einzelfalles kann sich nach Treu und Glauben eine Pflicht des Rechtsanwalts ergeben, auch ohne Nachfrage des Auftraggebers, diesen über die voraussichtliche Höhe seiner Vergütung zu belehren, etwa wenn die Höhe der vom Auftraggeber zu zahlenden Gebühren das von ihm verfolgte Ziel wirtschaftlich sinnlos macht.
Eine Abrechnung im 6-Minuten-Takt, also für alle angefangenen 6 Minuten (1/10 pro Stunde), könnte nunmehr noch zulässig sein.
Der Rechtsanwalt hat auf Verlangen des Mandanten, also des Auftraggebers, die voraussichtliche Höhe des Entgelts mitzuteilen (BGH, Urteil vom 24.05.2007 – IX ZR 89/06, Rn. 9).
Sie sollten also immer eine schriftliche Vergleichsberechnung zwischen den Gebühren der vorgeschlagenen Vergütungsvereinbarung und den gesetzlichen Gebühren verlangen, bevor Sie eine Vergütungsvertrag unterzeichnen.